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1. Geschichten aus der Geschichte - S. 74

1890 - Königsberg i. Pr. : Koch
— 74 — gingen ihn abzuholen, doch seine Gemahlin hatte in der Nacht ängstliche Träume gehabt und ihn dringend gebeten, die Versammlung aus einen andern -Lag zu verschieben, was Cäsar auch ihr zuliebe versprach. Indessen einer der Verschworenen stellte ihm vor, daß er dadurch den Senat bitter kränken würde, und so ging er dennoch zu der Versammlung. Hier bat ihn ein Verschworener um die Rückkehr seines verbannten Bruders. Als Cäsar ihn auf eine andere Zeit verwies, zog jener ihm den Mantel von der Schulter. Dies war das Zeichen; während Cäsar sich unwillig zu ihm wandte, erhielt er von einem andern den ersten Dolchstoß. Der Stoß traf nur die Schulter und er rief: „Verruchter, was thust du?" Aber jetzt drangen sie von allen Seiten auf ihn ein; die Mörder waren so hitzig, daß sie sich untereinander selbst verwundeten. Cäsar wehrte sich, doch bald sank er, mit 23 Wunden bedeckt, an der Bildsäule des Pompejus tot nieder. Die Senatoren hatten, vor Überraschung erstarrt, dem Morde zugesehn und eilten hinweg. Die Verschworenen zogen mit ihren blutigen Schwertern durch die Stadt und riesen die Bürger zur Freiheit auf, doch nur wenige schlossen sich ihnen an. Als die Leiche feierlich bestattet werden sollte, hielt Antonius, einer der eifrigsten Anhänger Cäsars, diesem eine Leichenrede, in welcher er seine großen Thaten und Verdienste und seine Liebe für das Volk pries. Dann las er aus Cäsars Testament vor, daß er seine schönen Gärten dem Volke und jedem einzelnen ein Geschenk von 300 Sestertien (45 Mark) vermacht habe, und zum Schluß riß Antonius die Decke vom Leichnam ab und wies den vielfach durchbohrten Purpurmantel vor. Da geriet das Volk außer sich, es errichtete sofort aus allem Holzwerk, das in der Nähe war, einen Scheiterhaufen über der Leiche auf und setzte ihn in Brand, um seine Liebe sür Cäsar zu erweisen. Dann liefen sie durch die Straßen, zündeten mehrere Häuser der Republikaner an und töteten ihre Insassen. Antonius und Octavianus. Länger als zehn Jahre wüteten nun wieder die Bürgerkriege in dem unglücklichen Reiche. Die beiden Männer, welche bald im Bunde miteinander, bald gegeneinander die verzehrende Flamme des Krieges unterhielten, waren Antonius, der Freund, und Octavianus, der Großneffe Cäsars, beide von dem Wunsche erfüllt, das Erbe

2. Geschichten aus der Geschichte - S. 142

1890 - Königsberg i. Pr. : Koch
— 142 — Getreuen. Er konnte sich nicht verhehlen, daß er sie seinem Eigensinn zum Opfer gebracht hatte; was er aber auch im Herzen empfand, er zwang sich ein heiteres Gesicht zu zeigen. Den Artilleristen rief er zu: „Kanoniere, wo habt ihr eure Kanonen gelassen?" Einer antwortete: „Der Teufel hat sie bei Nachtzeit geholt." — „So wollen wir sie ihm bei Tage wieder abnehmen, nicht wahr?" — „Jawobl," erwiderten die Artilleristen, „sie sollen uns noch dazu Zinsen geben." 4. Die Schlacht bei Kunersdorf 1759. Die Österreicher und Russen hatten sich vereinigt, um dem König deu Garaus zu machen. Dieser erkannte vollkommen die Größe der Gefahren, welchen er entgegen ging. Vor dem Aufbruch machte er sein Testament und ließ seinen Bruder Heinrich, der im Falle, daß er stürbe, Regent werden mußte, feierlich versprechen, niemals in einen für Preußen schimpflichen Frieden zu willigen. Am 12. August früh zwischen 2 und 3 Uhr setzte er sich zum Angriff gegen die Russen in Bewegung. Sein Heer zählte etwa 43000 Mann, das der Russen 70000. Diese hatten in der Nähe von Frankfurt an der Oder oberhalb des Dorfs Kunersdorf auf einer Hügelreihe eine feste Stellung eingenommen. Als es nun zum Angriff kam, wurden die Preußen scharenweise von den russischen Geschützen niedergeschmettert, doch ungebeugten Mutes stürmten sie die Anhöhen hinauf und eroberten die Batterien, welche dort standen. Die Russen mußten weichen und als sie einen andern Hügel erklommen, wurden sie auch von diesem vertrieben und fast ihr ganzes Geschütz, mehr als 90 Kanonen, fiel in die Hände der Preußen. Die Österreicher konnten ihren Bundesgenossen nicht helfen, denn ihnen gegenüber war Seydlitz mit seinen Reitern ausgestellt. Die Schlacht schien gewonnen und Friedrich sandte einen Eilboten nach Berlin mit der Nachricht an die Königin: „Wir haben die Russen aus ihren Verschanzungen vertrieben. In zwei Stunden erwarten Sie die Nachricht von einem glorreichen Siege." Die freudige Botschaft wurde sofort von Berlin aus überallhin verbreitet und mit Jubel begrüßt. Aber es sollte ganz anders kommen als gehofft wurde. Der König hat selbst gesagt, daß er allein die Schuld davon trage. Hätte er sich mit jenem ersten Siege begnügt, so wäre dieser Tag in der That ein glorreicher geworden, aber da er gewohnt war,

3. Geschichten aus der Geschichte - S. 143

1890 - Königsberg i. Pr. : Koch
— 143 — nichts halb zu thun, wollte er durchaus mit den Russen gründlich fertig werden und setzte gegen den Rat seiner Generale den Kampf fort. Er ließ Seydlitz mit der Reiterei herbeirufen, dieser wollte seinen wichtigen Posten nicht verlassen, aber als der König zornig wurde und ihm befahl, „er solle in des Teufels Namen angreifen," gehorchte .er, obwohl er das Unheil voraus fah. Wie nun die Österreicher von dem Banne frei wurden, in dem sie von Seydlitz gehalten waren, halfen sie den Russen und es erfolgte eine vollständige Niederlage der Preußen. Vergebens waren die persönlichen Anstrengungen des Königs, der sich in den dichtesten Kugelregen begab; zwei Pferde wurden ihm unter dem Leibe erschossen, und als er ein drittes bestieg, zerquetschte eine Musketenkugel ein goldenes Etui in seiner Westentasche. Das Heer geriet in greuliche Unordnung. Als die Seinen flohen und d,as Schlachtfeld räumten, blieb er noch immer zurück. Verzweifelt rief er aus: „Giebt es denn heute keine verwünschte Kugel für mich?" Er war nahe daran, gefangen zu werden, doch ein Rittmeister wollte eben mit seinen 200 Husaren den Kosakenschwärmen entkommen, da rief einer von seinen Leuten: „Herr Rittmeister, dort steht der König!" Er stand, nur von einem Pagen begleitet, der sein Pferd hielt, auf einem Sandhaufen. Den Degen hatte er vor sich in die Erde gestoßen und mit verschränkten Armen überschaute er das Unglücksfeld. Er sagte zum Rittmeister mit dumpfer Stimme: „Ich bin verloren!" Dieser aber erwiderte: „Nein, Majestät, das soll nicht geschehn, so lange noch ein Atem in uns ist." Die kleine Schar nahm den König in die Mitte und in beständigem Kampfe brachten sie ihn in Sicherheit. Auf dem Rückeu des Rittmeisters schrieb er einen Zettel mit Bleistift an den Minister von Finkenstein: „Alles ist verloren! retten Sie die königliche Familie. Adieu für immer!" Am späten Abend erreichte er ein elendes Dörfchen, wo sich nach und nach 5000 Mann, der ganze Rest seiner Armee, bei ihm einfanden. Die Preußen hatten 17000 Tote oder Verwundete und 1400 Gefangene verloren; die Russen und Österreicher büßten allerdings auch 16000 Mann ein. Die Nacht brachte der König in einer zerstörten Hütte auf Stroh zu, seine Adjutanten lagen auf dem bloßen Fußboden um ihn her. Die Russen waren trotz ihres Sieges so geschwächt, daß sie zunächst auf weitere Unternehmungen verzichteten. Ein General schrieb an seine Kaiserin: „Noch einen solchen Sieg, und ich muß

4. Geschichten aus der Geschichte - S. 180

1890 - Königsberg i. Pr. : Koch
— 180 — zu werden und den Titel Kaiser von Deutschland anzunehmen, welche Würde in der Linie der preußischen Könige erblich sein sollte; und eine Deputation der Abgeordneten des Reichstags kam nach Versailles, wo der König wohnte, um diesem dieselbe Bitte vorzutragen. Nachdem der König seine Annahme ausgesprochen, wurde der 18. Januar 1871, der Jahrestag der Krönung des ersten Königs von Preußen, zur Feier der Kaiserkrönung erwählt. Im Schlosse von Versailles, in dem Saale, wo einst Ludwig Xiv. und Ludwig Xv. ihre schwelgerischen Feste gehalten, wurde Wilhelm I. als Kaiser von ganz Deutschland ausgerufen. Dem Geistlichen, welcher die Einleitungsrede zu halten hatte, schärfte der fromme Fürst ein: „Rühmen Sie mich nicht in Ihrer Rede, denn ich bin nur das Werkzeug gewesen in der Hand Gottes!" Nachdem noch das Lied „Nun danket alle Gott" gesungen war, betrat Wilhelm I. mit den anwesenden Fürsten und Prinzen die mit den Fahnen der um Paris stehenden Truppen geschmückte Erhöhung und verkündete mit lauter und fester Stimme, daß er die ihm von Fürsten und Volk angebotene deutsche Kaiserwürde annehme. Darauf verlas der Bundeskanzler Fürst Bismarck die Botschaft an die deutsche Nation: „Wir hoffen zu Gott, daß es der deutschen Nation gegeben sein werde, unter dem Wahrzeichen ihrer alten Herrlichkeit das Vaterland einer segensreichen Zukunst entgegen zu führen. Wir übernehmen die kaiserliche Würde in dem Bewußtsein der Pflicht, in deutscher Treue die Rechte des Reiches und seiner Glieder zu schützen, den Frieden zu wahren, die Unabhängigkeit Deutschlands, gestützt auf die Kraft seines Volkes, zu verteidigen. Uns und Unsern Nachfolgern an der Kaiserkrone wolle Gott es verleihen, allzeit Mehrer des Reichs zu sein, nicht an kriegerischen Eroberungen, sondern an den Gütern und Gaben des Friedens auf den Gebieten nationaler Wohlfahrt, Freiheit und Gesinnung." Nach dieser Verlesung rief der Großherzog von Baden: „Seine Majestät König Wilhelm, der Kaiser von Deutschland, lebe hoch!" Da brauste ein dreimaliges begeistertes Hoch durch den Saal, die Helme wurden geschwungen, in den Augen ergrauter Krieger glänzten Freudenthränen, und draußen gaben die Geschütze Salut. Am 28. Januar wurde ein Waffenstillstand geschlossen und bald darauf der Friede. Der Einzug in Paris unterblieb nicht, doch um die Franzosen in ihrem Unglück nicht ohne Not zu kränken, wurde nur ein Teil der Truppen hineingesandt, der Kaiser selbst hat die Stadt nicht betreten.

5. Geschichten aus der Geschichte - S. 182

1890 - Königsberg i. Pr. : Koch
— 182 — brausendes Hurra zuzurufen, und stets dankte er der Menge mit Kopfnicken und einem überaus freundlichen Lächeln, zum Zeichen, daß er sich daran erfreue. Auf seinen Geburtstag mochte er sich vielleicht noch ähnlich wie ein Kind freuen können, denn da kamen stets nicht wenige deutsche Fürsten nach Berlin, um ihm persönlich ihre Glückwünsche darzubringen, und Post und Telegraphen hatten alle Hände voll zu thun, um ihm die schriftlichen Kundgebungen und die unzähligen Angebinde der verschiedensten Art von nah und fern, auch von jenseits des Oceans, zur rechten Zeit zuzuführen, und alle wurden dankbar von ihm besichtigt. Den Weihrauch der Schmeichelei hat der Kaiser nie gemocht, aber der Weihrauch, welchen die uneigennützige Liebe seines, des ganzen deutschen Volkes streute, gereichte ihm stets zu herzlicher Freude. Der Fürst soll die Würde seines Reichs vertreten; hiefür war der Kaiser schon durch sein Äußeres in hervorragender Weise geeignet. Die hohe stattliche Gestalt, die stramme und gerade Haltung entsprach dem Bilde, wie man sich einen rechten König vorstellt. Aber noch mehr verlangen wir von einem Fürsten die innere Würde der Gesinnung, und diese hat der Kaiser in allen Lagen seines Lebens bewiesen. Damit verband sich seine umsichtige, aufrichtige Demut; er hat sie vielfach dadurch bekundet, daß er bei allem, was ihm gelang, die Ehre dem gnädigen Walten Gottes gab. Wohl keine der Siegesdepeschen, welche sein Volk in Jubel versetzten, entbehrt dieses frommen Zusatzes. Eine andere Art von Demut, die von mächtigen Fürsten als die schwerere gar selten geübt worden, ist die Anerkennung der Verdienste ihrer Mithelfer. Hier ein Beispiel davon. In einer großen Versammlung trat der Kaiser an Moltke heran, drückte ihm die Hand und sagte, allen Umstehenden vernehmlich: „Ich muß bekennen, daß Sie in allen Fällen/ wo wir beide im Kriegsrat verschiedener Ansicht waren, das Richtige getroffen haben." Wilhelm war durch und durch ein echter, strenger Soldatencharakter, aber zugleich der mildeste und wohlwollendste Mann. Der Wunsch seiner edelen Mutter, der Königin Luise, ihre Kinder zu wohlwollenden Menschenfreunden zu bilden, ist an ihm in Erfüllung gegangen, und ihr Urteil von ihm, als er dreizehn Jahre alt war, daß er „einfach, bieder und verständig" sei, traf bis an das Ende seines Lebens ebenso zu wie damals. Das Familienleben des Kaisers war ein glückliches und wür-

6. Geschichten aus der Geschichte - S. 167

1890 - Königsberg i. Pr. : Koch
— 167 — waren die Niederlande der Schauplatz des Krieges. Die Preußen nebst den Hannoveranern, Braunschweigern und Nassauern waren zuerst auf dem Platz, dann setzten die Engländer unter dem Herzog von Wellington nach den Niederlanden über, deren Armee sich gleichfalls an dem Kriege beteiligte. Napoleon hatte sein Heer auf 130000 Mann gebracht und am 15. Juni begann der Krieg. Napoleon teilte seine Armee; mit dem größeren Teil ging er gegen Blücher vor, der kleinere sollte sich auf Wellington werfen. Bei Ligny kam es zu einer Schlacht, in welcher die Preußen besiegt wurden, dann wandte sich Napoleon gegen Wellington. Am 18. Juni gerieten sie bei Belle-Alliance aneinander. Auf beiden Seiten wurde mit großer Tapferkeit gefochten, doch die Verbündeten hatten weniger Soldaten als Napoleon, daher sehnte sich Wellington nach der Hilfe Blüchers, der fein Wort gegeben hatte, er werde, sobald er könne, auf dem Platze erscheinen. Er war auch am dritten Tage nach seiner Niederlage aufgebrochen, aber die Wege waren durch starke Regengüsse fo verdorben, daß feine Soldaten nur sehr langsam vorwärts kamen. Blücher rief den Truppen mehrmals zu: „Vorwärts, Kinder, vorwärts!" Wie er einen aus der Menge rufen hörte: „Es geht nicht, es ist unmöglich," da sagte er mit sehr ernstem Gesicht: „Kinder, wir müssen vorwärts! Es heißt wohl, es geht nicht, aber es muß gehn, ich hab' es ja meinem Bruder Wellington versprochen! Ich hab' es versprochen, hört ihr wohl! Ihr wollt doch nicht, daß ich wortbrüchig werden soll." Da bewährte sich wieder, daß die Liebe alles überwindet. Die Siebe zu ihrem Feldherrn machte das Unmögliche möglich und es ging nun unaufhaltsam vorwärts, doch erst nach vier Uhr erreichte man das Schlachtfeld. Als die Preußen noch in einiger Entfernung waren, glaubte Napoleon, es fei ein französisches Corps, das er zu sich beschickn hatte. Er wurde bald enttäuscht. Ehe noch der größere Teil der Preußen anlangte, stellte sich Blücher mit dem kleineren in die Schlachtordnung. Beinahe noch fünf Stunden währte die grimmige Schlacht, doch um neun Uhr hatten die Verbündeten einen vollständigen Sieg erfochten. Das französische Heer löste sich in wilder Flucht auf. Es war schon dunkel, als die beiden Sieger sich trafen, sie gaben einander die Hand und der Handschlag sagte ohne Worte, was sie empfanden. Die Preußen übernahmen die Verfolgung, „bis zum letzten Hauch von Roß und Mann." lautete Gneisenaus Befehl. Diese eine Schlacht bei Belle-Alliance entschied alles. Elf

7. Geschichten aus der Geschichte - S. 181

1890 - Königsberg i. Pr. : Koch
— 181 — Die Friedensbedingungen waren recht hart, entsprachen aber kaum den Opfern, welche das wider seinen Willen zum Kriege gezwungene Deutschland hatte bringen müssen. An Geld hatten die Franzosen vier Milliarden Mark zu zahlen (eine Milliarde gleich tausend Millionen), und die beiden ehemals deutschen Länder, das Elsaß und einen Teil Lothringens, mußten sie wieder herausgeben. Am 17. März kehrte der sieggekrönte Kaiser nach achtmonatlicher Abwesenheit unter Glockengeläute, Kanonendonner und unaufhörlichem Jubelruf nach Berlin zurück. 5. Des Kaisers Lebensabend. Das Leben des Kaisers war voll Müh' und Arbeit gewesen und manche dunkle Schatten fielen darauf, aber dennoch darf man ihn zu den glücklichsten Sterblichen zählen. Welcher schöne Lebensabend ward ihm zu teil! Ihn begleitete das Bewußtsein, stets nur das Gute und Beste für sein Reich erstrebt zu haben, und alltäglich erfuhr er Beweise, daß sein Volk die hohen Verdienste, die er sich um dasselbe erworben, mit inniger Dankbarkeit anerkannte; auch hatte er, da er von der Vorsehung mit einem ungewöhnlich langen Leben begnadigt wurde, den Genuß, die Früchte seiner Wagnisse glücklich gedeihn zu sehn. Freilich, wäre ihm wie den meisten Greisen seines Alters die Fähigkeit vertrocknet gewesen, das Erfreuliche lebhaft zu genießen, so hätte er den letzten Teil seines Lebens als eine Last empfinden müssen. Aber in fast unerhörter Weise blieb ihm die volle heitere Genußfähigkeit erhalten, Geist und Herz konnten sich bis zuletzt noch immer an allem, was die Freude eines edlen Mannes zu erregen verdient, innig erlaben. Dazu trug die wunderbare Rüstigkeit seiner physischen Kraft bei. Bisweilen wurde man durch die Botschaft erschreckt, der Kaiser müsse das Zimmer, das Bett hüten, aber immer erfolgte bald die tröstliche Nachricht, er denke sich trotz der winterlichen Jahreszeit an einer Hofjagd zu beteiligen. Obwohl der Greis schon unzählige Male in allen Gegenden Deutschlands, durch welche ihn seine Reisen führten, von dem begeisterten Jubel des hinzuströmenden Volks empfangen war, wurde er noch immer davon so freudig und tief bewegt, als wenn er zum ersten Male einem solchen Beweise Wärmsterund treuester Liebe begegnete. Eine Reihe von Jahren hindurch versammelten sich gegen die Zeit, wo die Wachtparade am kaiserlichen Palais vorbeikam, alltäglich Tausende, um, wenn sein ehrwürdiges Antlitz sich am Fenster zeigte, ihm ein Geom., ; Wnstftu C ' :^r ~naticnal3 - *ung

8. Geschichten aus der Geschichte - S. 85

1890 - Königsberg i. Pr. : Koch
— 85 — kniete, trat Leo mit einer goldenen Krone in der Hand an ihn heran und setzte sie ihm auf, indem er ihn zugleich mit dem Titel eines römischen Kaisers begrüßte. Die ganze Gemeinde jubelte ihm zu und rief dreimal: „Heil dem von Gott gekrönten, großen und friedebringenden Kaiser!" Unter dem Titel römischer Kaiser dachte man sich einen Herrscher, der das Recht hatte über alle Länder des Erdkreises das Regiment zu führen, wie es sich einst die Kaiser des römischen Reiches zuschrieben. Ebenso sah sich auch der Papst sür den Oberhirten über die ganze Christenheit an, darum wurde er das geistliche Schwert und der Kaiser das weltliche Schwert genannt. Kaiser Karls Ruhm drang in die fernsten Länder. Die Araber in Asien, Afrika und Spanien schickten Gesandte an ihn, welche ihm ihre Ehrfurcht bezeigten. Der große Kalif Harun al Rafchid — derselbe, von welchem in den Märchen der Tausend und einen Nacht erzählt wird — ließ Karl zu seiner Kaiserkrönung Glück wünschen und sandte ihm einen Elefanten zum Geschenk, ein Tier, das die Franken zum ersten Mal sahen. Außerdem machte er ihm kostbare Geschenke mit indischen Gewürzen und Kunstarbeiten des Morgenlandes. Darunter war eine metallene Uhr, deren Zeiger durch rinnendes Wasser bewegt wurde und den Ablauf der Stunden durch kleine Kügelchen kund that, welche auf eine klingende Metallplatte fielen und durch Reiterfiguren, die aus aufspringenden Türmen hervorkamen. Die Gegengeschenke des Kaisers bestanden in Pferden, trefflichen Jagdhunden, feiner Leinwand und schönen Weberarbeiten. Einen festen Wohnsitz hatte Karl nicht, es gab verschiedene Residenzen, wo er prächtige Paläste besaß; am liebsten wohnte er auf seinen Schlössern in den Rheinlanden, besonders in Aachen. Wenn es seine Staats- und Kriegsgeschäfte zuließen, besuchte er seine Güter und leitete die Wirtschaft auf den Feldern und in den Höfen; auf den Ackerbau verstand er sich wie der beste Landmann. Es war ihm auch nicht zu gering, sich die Rechnungen vorlegen zu lassen, wo alles, selbst die Zahl der Eier eingetragen sein mußte. Er machte Bauanschläge und schrieb vor, welche Obstarten und Blumen angepflanzt und wie große Vorräte von Fleisch, Speck und Gemüse gehalten werden sollten. Es gab Gelegenheiten, wo er sich in voller Kaiserpracht zeigen mußte, aber lieber trug er einfache Kleidung, einen leinenen Rock, den eine feiner Töchter gewebt hatte, und einen großen warmen

9. Die Naturkunde oder die Naturgeschichte und Naturlehre in Volksschulen ; geknüpft an den Lesestoff im Preußischen Kinderfreund ; mit einer Steindrucktafel - S. 331

1850 - Königsberg : Bon
331 Vi. Der Schall (Akustik.) (Kdrsr. I. Anh. V. 8.5.) §. 42. Pie Entstehung des Schalles. (Kdrfr.i. Anh. V. §. 5. 1.) Was ich so eben zu euch sage, vernehmt ihr durch euerge- hör; so auch das Geläute der Glocken, die Musik, das Rasseln des Wagens, den Schlag des Lineals auf den Tisch rc. Jede Einwirkung auf unser Gehör heißt ein Schall. Streiche ich eine Violinsaite an, oder schlage ich mit dem Messerrücken an ein Glas, so gcräth die Saite, das Glas, während der Schall entsteht, in eine zitternde oder schwingende Bewegung. Ein straffer Bindfaden schwingt wohl auch, schallt aber nicht. Die Schwingungen der Saite und des Glases erfolgen sehr schnell. Zur Hcrvorbringung eines Schalles ist also erforderlich, daß die Schwingungen in einer gewissen Schnelle auf einander folgen. Bei dem schlaff gespannten Bindfaden kann man die Schwin- gungen zählen, bei einem schallenden Körper aber nicht. In Schwingungen können alle Körper versetzt werden, am meisten jedoch die festen und die lufttörmizen, jene vermöge ihrer Elasti- cität, diese vermöge ihrer Ausdehnsamkeit. Je elastischer ein fester, je ausdehnsamec ein luftförmiger Körper ist, desto mehr eignet er sich zur Hervorbringnng eines Schalles. Klang heißt der Schall, wenn er durch regelmäßig auf ein- ander folgende Schwingungen erzeugt wird; das Gegentheil wird Geräusch, Gepolter, Pochen, Sausen, Zischeln, Knistern, Ge- murmel rc. genannt, lauter Ausdrücke, welche den durch unregel- mäßige Schwingungen hervorgebrachten Schall bezeichnen. Klin- gende Körper, wie Saiten und Glocken, setzen weit mehr Elasti- cität voraus als solche, die nur ein Geräusch, Knistern rc. hervor- bringen. Der Ton ist ein Schall, der sich nach Höhe und Tiefe bestimmen läßt. Knall heißt ein plötzlicher und mehr oder weniger starker Schall. Laute sind die einfachsten Be- standtheile der Sprache. tz. 43. Pie Fortpflanzung des Schalles. (Kdrfr.l. Anh. V. §. 5. 1.) Der Laut, welcher aus meinem Munde in eure Ohren kommt, muß erst durch die Luft gehen, die uns überall umgiebt. Auf hohen Bergen, wo die Luft sehr dünn ist, hört der Mensch

10. Die Naturkunde oder die Naturgeschichte und Naturlehre in Volksschulen ; geknüpft an den Lesestoff im Preußischen Kinderfreund ; mit einer Steindrucktafel - S. 332

1850 - Königsberg : Bon
332 lange nicht so gut, als unten in der dichteren Luft. Im luft- leeren Raume vernehmen wir gar keinen Schall (§. 41). Wir müssen also die Luft als ein Fortpflanzungsmittel des Schalles annehmen. Aber auch feste Körper pflanzen den Schall fort. Leget das Ohr auf das eine Ende des Pulttisches, und ihr werdet es deutlich hören, wenn ich am andern Ende mit einer Nadel kritzele, oder meine Taschenuhr dort ticken lasse. Daß man in bedeutender Entfernung die Huftritte der Pferde und einen fah- renden Wagen deutlicher hört, wenn man das Ohr an die Erde legt, ist eine bekannte Sache. Hält man eine Taschenuhr zwischen den Zähnen und verstopft sich dann beide Ohren, so hört man doch ganz deutlich den Schlag. Eben so vernimmt man die Töne des Klaviers, wenn man einen Stab zwischen die Zähne nimmt, der auf dem Resonanzboden ruht. Nach diesen Beispielen pflan- zen also Holz, Erde und feste Körper überhaupt den Schall weit besser fort, als es die Luft thut. Selbst flüssige Körper tragen den Schall von einem Orte zum andern. Ginge der Schall nicht auch durch Wasser, so würden die Fische niemals, wenn sie der Teichbesttzer mittelst einer Glocke zur Fütterung ruft, an die Oberfläche kommen. Der berühmte Franklin, von dem wir später noch einigemal sprechen werden, versichert, das Reiben zweier Steine eine halbe englische Meile tief unter dem Wasser gehört zu haben Wenn die Luft den Schall bis zu unserm Ohre hinführen soll, so muß sie nothwendig sich bewegen. Schlage ich stark auf den Tisch, an das Fenster, an ein Glas rc., so werden diese Sachen erschüttert, wie wir das oft sehen können; sie gerathen in eine zitternde Bewegung. Steht Etwas auf dem Tische, z. B. ein Glas Wasser, so bemerken wir auch an demselben eine Erschüt- terung, die zuerst dem Glase, hernach auch dem Wasser mitge- theilt worden ist Nun liegt an allen Flächen des Tisches Luft; diese wird auch erschüttert, erst nahe am Tische, dann weiter weg, darauf noch weiter bis zu unserm Ohre hin. Werfe ich einen Stein in stehendes Wasser, so erheben sich von da aus, wo er hineinfällt, kreisförmige Wellen, die an Umfang zunehmen, immer schwächer werden, bis sie zuletzt verschw nden. In fließen- dem Wasser sind diese Wellen elliptisch. Hieraus läßt es sich erklären, warum der Wind den Schall dahin weiter fortpflanzt, wohin er weht. Werfen wir einen Stein in einen Wasserfall, so bemerken wir gar keine Wellen. Eben so übertönt auch ein starkes Geräusch einen schwachen Schall. Wie das Wasser beim Hineinwerfen eines Steines, so wird die Luft bei der Entstehung des Schalles in eine zitternde Bewegung gesetzt. Diese Luft- wellen bewegen sich vom Entstehungspunkte nach allen Seiten, nach oben und unten, werden aber, je weiter sie kommen immer schwächer. Die Fortpflanzung des Schalles ist zwar der wellenförmigen Bewegung des Wassers ähnlich; wir sind jedoch
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